lost in space (Iquitos - Tarapoto - Chachapoya - Chiclayo)

War vollkommen abwesend die letzten Wochen, was unschwer zu erkennen war. Bald wieder nach Berlin müssen, viel Regen zunächst und natürlich der mich vollkommen mental einnehmende Krieg inmitten von Europa hat mich mental aus der Bahn geworfen. Und dann wären da noch die ständigen Abschiede gewesen. Man trifft Menschen, gewinnt diese lieb und plötzlich sind sie wieder von der Bildfläche verschwunden. Fand ich schon immer extrem kacke!! Gehört wohl auf einer Reise zum Programm dazu, denke ich.

Der Aufenthalt in Iquitos ist Ewigkeiten her, zumindest innerhalb meiner Gefühlswelt! Aufschreiben möchte ich es dennoch, sonst gehen viele der Erinnerungen verloren. 

Keine Ahnung welcher Teufel mich geritten hat, als ich anstelle eines Flugtickets oder einer Viertagestour auf einem Frachtschiff  die mit Abstand blödeste Variante, nämlich die des Schnellbootes gewählt habe, weiß kein Mensch, was ich allerdings weiß: clever war das nicht. Es bedarf hier auch keiner weiteren Beschreibung außer der Schilderung der Faktenlage. Achtzehn Stunden Hartschalensitz, Entertainment Fehlanzeige, Nahrung ebenfalls. Falls also irgendjemand das liest und ebenfalls in naher oder ferner Zukunft von Iquitos nach Tarapoto zu reisen gedenkt, sollte niemals die Option Schnellboot wählen. 

Tarapoto als solches ist ein beschauliches, daher auch etwas langweiliges Städtchen umgeben von mittelhohen Bergen mit kleineren Seen, heißen Quellen und massenweise Wasserfällen. Die ganze Naturgewalt nutzt einem jedoch relativ wenig, wenn es ständig regnet. Kaum hatte ich das Hotel verlassen - Regen. Und das sollte auch so bleiben. Zumindest zu einem Großteil der dort verbrachten Zeit. Dabei hatte ich mir den ganzen Aufenthalt ganz anders und zwar deutlich cooler vorgestellt. Irgendein spinnerter Peruaner dem ich kurze Zeit vorher wohl begegnet sein muss, versicherte mir ausdrücklich und mit Nachdruck, "lieber Gringo in Tarapoto findest du an jeder Ecke einen Motoradverleih". Die Neuronen in meinem Kreativitätszentrum waren nicht mehr zu bremsen, ich der Easy Rider im Jahre 2022 in Tarapoto cruise cool auf der geliehenen 250er (größere Mopeds sieht man in Peru eher gar nicht) durch Feld und Flur - eine herrliche Vorstellung, tragischerweise komplett an der Realität vorbei. In der ganzen Stadt gab und gibt es sage und schreibe exakt einen Mopedverleiher mit drei verschiedenen Motorrädern. Davon war das einzig brauchbare, eine 200er Enduro verliehen, der Roller untermotorisiert und das dritte Modell, wenngleich mit brauchbarer Leistung versehen, ein Fahrzeug für Zwerge. Die beiden Verleiher haben sich kringelig gelacht, als sie mir das Zweirad aus dem Reiche Liliput, vermutlich nicht ganz ernsthaft, zum Verleih angeboten haben. 
Im Nachhinein entpuppte sich das Mangelangebot als weitaus erfreulicher als zunächst angenommen, bei Dauerregen durch die Landschaft fahren ist schlicht und ergreifend abscheulich! 


Das letzte Bild aus Iquitos...

Siebzehn Stunden musste ich in dieser Nussschale verbringen. Wie lausig das Boot ausgestattet ist, merkt man schnell daran, dass der Steuermann (vorn) seine Arbeit auf einem lausigen Plastikschemel verrichtet.

Bereits in Tarapoto beim tollsten Wasserfall. Witterungsverhältnisse anhand der Kleidung eindeutig zu ermitteln.

Ausnahmsweise mal kein Regen, der See von angenehmster Temperatur. Der Leihwagen hat sich immerhin ein wenig gelohnt.


So sehen die Minibusterminals in Peru aus. Aussagekräftiger wäre ein Bild aus dem Inneren einer der Minibusse gewesen. Hier ist der Fahrgast keineswegs König, es sei denn er ist ein Zwerg! Immerhin billig, aber wir alle wissen: billig ist nur selten gut!

Nach dem eher mittelmäßigen Aufenthalt in Tarapoto, sollte mit dem Besuch von Kuelap mal wieder ein Special aufwarten. Nach schier unendlicher und gleichsam sehr beengter Fahrt mit dem rechten, vollgepackten Minivan erreichte ich spätabends das beschauliche Städtchen Chachapoyas. Hier kommt jeder der Touristen unter, der vor dem Besuch von Kuelap, auch als Machu Picchu des Nordens bezeichnet, gerne ein oder auch zwei Bierchen in einer netten Kneipe trinken und nicht vor Langeweile in dem näher an Kuelap gelegenen Nueva Tingo umkommen möchte. Als mich das Taxi, wie gesagt, es war bereits abends, vom Minibusbahnhof ins Herz der Stadt, dem Plaza del Armas ablud, wusste ich: Oliver, du wirst auch hier vor Langeweile sterben. Glücklicherweise ist Langeweile nur sprichwörtlich tödlich, andernfalls wäre es eng geworden; der Langeweile-Sensenmann hätte in hoffnungsvoller Voraussicht sein Kopf-ab-Gartengerät ordentlich auf Vordermann gebracht und zack, Rübe ab! Vielleicht lag es auch nur am Regen - ja, auch hier meinte es der Niederschlag sehr gut mit mir - vielleicht aber auch nicht, Chachapoya wird auf keinen Fall versetzt in die höhere Klasse der von mir gemochten Städte. Durchgefallen, volle Pulle. Hier gab es wirklich rein gar nichts zu tun oder zu sehen; ganz schlimm.
Einzig mein Hotel direkt am "Plaza" erfreute ein wenig mein Herz, besaß es doch wohlig, warme Zimmer und ein durchaus zu empfehlendes Restaurant. Als mich die Rezeptionistin am nächsten Morgen allerdings fragte, ob ich noch eine weitere Nacht bleiben wollte, muss mein Blick Bände gesprochen haben, eine verbale Antwort, das hab ich sofort erfasst, war ob meiner Mimik wohl nicht mehr nötig. Schade, dass ich es versäumt habe ihr zu sagen: am Hotel lag es nicht!

Das Herzstück von Chachapoya; der Plaza del Armas. 

Welcher lausige Möchtegern-Archäologe auf die aberwitzige Idee gekommen ist, Kuelap als das Machu Picchu des Nordens zu bezeichnen würde mich mal interessieren. Vor Ort war er eindeutig nur in Kuelap und ebenfalls hat er sich niemals ein Foto von Machu Picchu angeschaut. Die beiden Stätten haben etwa so viel gemeinsam wie ein Seeigel mit einer Orchidee. Viel ist das nicht! Allerdings mag das ein wenig daran liegen, dass die Restaurationsarbeiten in Kuelap andauern und quasi noch in den Kinderschuhen stecken und zusätzlich relativ wenig Geld für die Arbeiten seitens der Regierung bereitgestellt wird.
Obschon der Ort nicht im Entferntesten so beeindruckend ist wie M.P., ein Besuch ist Kuelap allemal wert. Dies liegt sowohl an seiner Lage auf einem Hochplateau, die Soldaten dieser Festung wurden auch Wolkenkrieger genannt, als auch an der interessanten Anreise dorthin. Diese findet in einer Seilbahngondel statt und ich persönlich finde Seilbahn fahren immer wieder tipptopp.

Kuelap! Warum die Festungssoldaten auch Wolkenkrieger genannt wurden, vielleicht hat der eine oder andere dazu ja eine Idee!? Aber nun im Ernst, die Wolkenwand war ziemlich spooky, dahinter verschwand einfach alles, ohne Übergang.
 
Oliver in einem zerfallenen Verteidigungsrondell.

Direkt nach dem Besuch der Anlage Kuelap war ich ordentlich auf Zack. "Bloß nicht den Nachtbus nach Chiclayo verpassen!" das Tagesziel. Raus aus der Seilbahngondel, rein in den Minibus. Sachen abholen aus dem Hotel, Street Food unterwegs und ab zum Terminal. Geschafft, Nachtbus erreicht. Auf zur Küstenstadt Chiclayo. Obwohl ich nach zwölfstündiger Busfahrt vollkommen gerädert in der viergrößten Stadt Perus eingetrudelt bin, meine Laune stieg merklich. Endlich wieder Sonne, ohne ein Fitzelchen Wolke am Himmel. Wie ich das liebe und wie ich Regen kacke finde. Regnerische Wintertage an denen man ohne schlechtes Gewissen mal eine komplette Serie durchglotzen kann, sind von der Kritik selbstverständlich ausgenommen.
Die meisten Touristen kommen keineswegs wegen des ausgiebigen Nachtlebens in diesen Ort, denn hier ist nicht der Rausch gefragt, sondern die Kultur. Chiclayo ist umgeben von archäologischen Stätten von internationaler Bedeutung. So wären hier zum Beispiel die Pyramiden von Tucume, der Tempel von Ventarron und der Fund des Königsgrabes des Señor de Sipan zu nennen. Drei Tage und zwei Nächte habe ich mir das volle Kulturprogramm gegeben, um danach in Mancora wieder alten und nicht unbedingt allzu vernünftigen Verhaltensmustern nachzukommen. Aber dazu später mehr.
 

Auszug aus dem Stadtbild von Chiclayo. Es gibt schönere Orte auf der südlichen Hemisphäre!

Der 500 Jahre alte Baum im Santuario Bosque de Pomac. 

Ebenfalls im Santuario zu finden diese und eine andere Pyramide. hatte ich mir anders vorgestellt, beeindruckender irgendwie. Tatsächlich handelt es sich ja hierbei, wenn man zur Ehrlichkeit tendiert, lediglich um einen großen Haufen Lehm ohne jedwede Formschönheit. Überhaupt habe ich mir diesen Ort und damit auch 22 Kilometer Wanderung bei abartigen Temperaturen, nur angetan, weil in meinem bescheuerten Reiseführer stand, hier könne man mit ein wenig Glück Ameisenbären sichten. Alles Quatsch. Gesichtet haben mich jedoch die Sandfliegen. Über hundert, fürchterlich juckende Bisse waren meine Tagesausbeute. 


Das Museum zu den Pyramiden. Und ich dazu neunfach in den Spiegeln!

Leider kann man auf dem Foto nicht erkennen, wie klein die Ringe im Verhältnis zum Finger sind. Wer diesen Halsschmuck vor mehr als 1500 Jahren gefertigt hat, muss der Inbegriff der Ausgeglichenheit gewesen sein und darüber hinaus ein riesiges Kontingent an Zeit besessen haben.

Das bestbesuchte Museum Peru (Royal Tombs of Sipan Museum). Vollkommen unverständlich, warum das Museum nicht in dem Ort der Fundstätte errichtet wurde. Das Museum an der Fundstelle ist echt lausig und hat nur den "Schrott" des enormen Fundes abbekommen. Einheimische munkeln hinter vorgehaltener es sei womöglich Korruption im Spiel gegeben. Wäre ich nicht drauf gekommen in Südamerika.

Gold, Gold und noch mehr Gold. Der mir innewohnende Gollom war kurz vorm Durchdrehen. Mein Schatz!!



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