Parque Nacional Manu - im letzten Anlauf doch noch dort gelandet
Wieder online, nach sechs Tagen ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt. Hatte schon vollständig vergessen, wie das so ist, so ganz ohne Verbindung. Kein Telefonat, nicht mal schnell ne Kurznachricht, kein Nachrichten lesen online, nicht einmal wissen wie Arminia Bielefeld gespielt hat. Die Vorstellung mutete etwas gruselig an, die Realität im Gegensatz zum vermeintlichen Horrorszenario wohltuend. Loslassen ist hier der Schlüssel zur Freude; das Smartphone diente nur noch als Zeitmesser und Wecker. Wie grandios einfach das Leben doch sein kann in der Abgeschiedenheit, man muss es lediglich zulassen und das konnte ich wider erwartend ziemlich gut.
Dass ich überhaupt dort mitten im Regenwaldnirgendwo gelandet bin, ist etwas dem Zufall, mehr aber meiner Gabe, Entscheidungen bis in die gefühlte Unendlichkeit hinauszögern zu können, geschuldet. Ziemlich erschöpft, verkatert und demzufolge auch gering motiviert kehrte ich vor gut einer Woche aus Puerto Maldonado nach Cusco zurück. "Was tun?", "wohin nun als nächstes?" lauteten die an mich gerichteten Fragen, klare Antworten aus meinem Innersten blieben aus. Mehr aus Langeweile, denn aus Überzeugung wählte ich die Nummer von Gloria, der Cousine eines Taxifahrers, von dem ich auch einst besagte Nummer erhielt. Gloria, so wusste ich bereits, wohnte in Pilcopata, einem mehr als verschlafenen, vollkommen abgeschiedenen Nest, das gleichzeitig die letzte Bastion der Zivilisation vor unendlichem Amazonasregenwald darstellt. Bereits beim Telefonat war mit das Glück hold, Gloria sprach ausgezeichnetes Englisch, so dass ich ihr nicht mit meinem unbeholfenen, kaum existierenden Spanisch mein Begehr habe versuchen müssen ihr näherzubringen. Sie gab mir nach kurzem, fruchtbaren Gespräch zwei Kontaktnummern von Manu-Touranbietern in Cusco.
Alles Weitere in Kürze: Bereits die erst gewählte Nummer der Jackpot, eine sechstägige Tour für den nächsten Tag verfügbar. Ich flugs ins Büro, jämmerlich verhandelt, aber immerhin den Preis von 850,-€ auf 750,- drücken können, ab zum Bankomaten, diesen Scheine mit geringem Gegenwart ausspucken lassen bis er schier glühte, zurück ins Office, meinen Tour-Beitrag entrichtet, Sachen gepackt, gegessen und ab ins Bett, der Wecker sollte um 4:30 klingeln.
Zum Erlebnis Manu-NP möchte ich gerade überhaupt keine Worte verlieren, außer dass es phantastisch war. Nicht unbedingt die Moskitos und auch nicht die unendliche Fahrt dorthin - man fährt zunächst sieben Stunden mit dem Minibus wenig vertrauenserweckende Serpentinenstraßen, dann weitere 250 Kilometer mit einer Nussschale von Boot zum Endziel, einer primitiven Lodge in den Weiten eines unberührten Primärregenwalds - doch alles darüber Hinausgehende, ist als Erfahrung nicht mit Geld und Geschmeide zu bekommen. Auch übrigens in Wahrheit die Fahrt nicht. Diese ist zwar unendlich energiezehrend, bietet aber Natureinblicke die einen Vergleich mit sämtlichen, positiven Superlativen kaum scheuen müssen.
Die erste Nacht unterwegs bereits verbracht, nun im Regenwald bei heißen Quellen angekommen. Hier Miguel, unser Guide mit noch zweifelnden Blick. Hatte er uns, ein deutsches Pärchen und mich, doch bereits vorgeschickt, zum famosen Bad in den heißen Quellen. Als wir dort ankamen, Badekleidung bereits am Körper, bot sich uns ein leicht verstörender Anblick: ein riesenhaftes, leeres Becken, durch dessen Mitte ein Rinnsal heißen Wassers floss. Offene Münder, Verständnislosigkeit, Badevergnügen ade. Des Rätsels Lösung: jemand hatte den Stöpsel aus dem Becken gezogen. Also Stöpsel wieder eingefügt und nach erstaunlich kurzer Zeit, nämlich lediglich 20 Minuten, war das Bassin ordentlich mit wohlig, warmen Wasser befüllt. Badespaß gerettet.
Namensgeber für den Nationalpark ist Boca del Manu, das abgebildete Minikaff mit Charme. Man sieht hier die dem Fluss zugewandte Flaniermeile mit Einkaufs- und Einkehrmöglichkeiten. Als Quell der Freude und sinnlicher Befriedigung müssen die dortigen Bierpreise bezeichnet werden. Uns erklärt es sich bis heute nicht, wie es beim diesem aberwitzigen Transportweg möglich sein kann, dort das bisher billigste in Peru getrunkene Bier bekommen zu haben.
Unterwegs auf dem Rio Manu begegneten wir diesem Schwarzkopftamarin nebst seiner Familie.
Als in Stein gemeißelt kann gelten: der Wüterich unter sämtlichen Primatenspezies dieses Planeten ist ganz klar der Braune Wollaffe. Nachdem dieser augenscheinliche Chefaffe spitz bekam, dass sein Herumgehampele als Drohgebärde nicht ausreichte, um uns zum Verschwinden zu bewegen, brach der Kollege erstaunlich große Knüppel aus dem Geäst, die er wütend auf uns schleuderte. Getroffen hat er immerhin nicht.
Im zweiten Anlauf endlich zu Gesicht bekommen; eine Riesenotterfamilie!
Eine gänzlich andere Strategie als der Wollaffe verfolgt der Schwarzgesichtklammeraffe. Fühlt sich eine Gruppe, bei uns waren es so etwa 15 bis 20 Tiere, von gaffenden Touristen in ihrer Freiheit eingeschränkt, fängt die ganze Meute wie auf Kommando gemeinsam an auf die Beobachter zu koten und zu urinieren. Peru, das Land in dem es Pipi und Kacka regnet - hurra!
Suchbild. Als ich die Aufnahme gemacht habe, hatte ich meine Brille vergessen und somit lediglich eine Bewegung am Baumstamm bemerkt. Dass es sich bei der Bewegung um eine Gottesanbeterin handelt, habe ich erst beim Hochladen der Fotos, diesmal mit Brille, bemerkt.
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